Was du tun kannst,
wenn dein*e Teenager*in von Cyber-Mobbing
betroffen ist


Justin W. Patchin und Sameer Hinduja

Dank des technologischen Fortschritts stehen Kindern heutzutage ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung, um Kontakte zu knüpfen und Spaß zu haben. Das bedeutet aber leider auch, dass sie ebenso viele Möglichkeiten haben, sich gegenseitig auf verschiedenste Weise zu verletzen. Dadurch wird für Familien der Umgang mit zwischenmenschlichen Konflikten unter Jugendlichen umso schwieriger. Hinzu kommt, dass sich junge Menschen bei Problemen mit Gleichaltrigen oft nur zögerlich Erwachsenen anvertrauen. Gleichzeitig können die sich ständig ändernden Apps, Plattformen oder Technologien, auf denen das Ganze stattfindet, die Bezugspersonen schnell überfordern. Allerdings sind die Technologien selbst gar nicht die Ursache für das Cyber-Mobbing – das Problem liegt darin, wie Menschen miteinander umgehen. Und genau hier können Eltern ansetzen und helfen, auch wenn sie mit der neuesten App nicht vertraut sind. Nachfolgend erläutern wir einige Strategien zur Unterstützung deines*deiner Teenager*in, wenn er*sie von Online-Mobbing betroffen ist.

Achte auf die Sicherheit deines Kindes

Die Sicherheit und das Wohlbefinden deines*deiner Teenager*in stehen immer an erster Stelle. Doch wie kannst du sicherstellen, dass er*sie sich von dir unterstützt, verstanden und bestärkt fühlt? In einer solchen Situation ist dein Kind in der Regel besonders verletzlich. Umso wichtiger ist es, ihm deine uneingeschränkte Unterstützung zuzusichern. Signalisiere nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten, dass ihr auf derselben Seite steht und dasselbe Ziel verfolgt: dem Cyber-Mobbing ein Ende zu setzen und eine Wiederholung zu verhindern. Zu diesem Zweck solltet ihr euch gemeinsam hinsetzen und eine Vorgehensweise erarbeiten. Auf keinen Fall solltest du das, was dein*e Teenager*in erlebt hat, herunterspielen. Bestärke ihn*sie stattdessen in seiner*ihrer Wahrnehmung und Meinung. Das kann den Heilungs- und Verarbeitungsprozess wesentlich erleichtern. Von Cyber-Mobbing Betroffene brauchen unbedingt die Gewissheit, dass die Erwachsenen, denen sie sich anvertrauen, rational und vernünftig eingreifen und die Situation nicht noch verschlimmern. Gib deinem Kind daher das Gefühl, dass du immer zu ihm stehst und gemeinsam mit ihm an einer Verbesserung der Situation arbeiten wirst.

Sammle Beweise

Sammle so viele Informationen wie möglich über die Geschehnisse und die beteiligten Personen. Häufig weiß dein*e Teenager*in (oder glaubt zumindest, es zu wissen), wer das Mobbing betreibt, auch wenn es in einer anonymen Umgebung stattfindet oder der*die Täter*in ein unbekanntes Pseudonym verwendet. Nicht selten steht das Mobbing im Zusammenhang mit Problemen in der Schule. Wenn das der Fall ist, wende dich mit deinen Bedenken an eine*n Verantwortliche*n der Schule und sorge dafür, dass ein Bericht über den Vorfall erstellt und eine Untersuchung gemäß den Vorgaben der Schulordnung eingeleitet wird. Mache Screenshots oder Bildschirmaufnahmen von Unterhaltungen, Nachrichten, Bildern, Videos und anderen Inhalten, die als Beleg für das gegen dein Kind gerichtete Cyber-Mobbing herangezogen werden können, und reiche sie als Beweise ein. Führe Aufzeichnungen über alle Vorfälle, um die Ermittlungen zu unterstützen. Mache dir zudem Notizen zu allen relevanten Details, z. B. wann und wo der Vorfall stattfand (in der Schule, auf bestimmten Apps) und wer daran beteiligt war (als Täter*in oder Zeug*in).

Melde Online-Mobbing an die Website oder App

Cyber-Mobbing verstößt gegen die Nutzungsbedingungen bzw. Gemeinschaftsrichtlinien vieler seriöser Dienstleister, wie etwa Websites, Apps und Gaming-Netzwerke. Unabhängig davon, ob dein*e Teenager*in die Person benennen kann, die ihn*sie belästigt, solltest du die betreffende Plattform kontaktieren. Nach der Meldung des missbräuchlichen Inhalts sollte dieser innerhalb kürzester Zeit entfernt werden. Die meisten Websites und Apps erlauben übrigens anonyme Meldungen und geben die Identität der meldenden Person nicht preis.

Nimm dir etwas Zeit, um dich mit den entsprechenden Nutzungsbedingungen bzw. Gemeinschaftsrichtlinien vertraut zu machen, damit du bei der Meldung des Inhalts die richtige Kategorie auswählst. Beachte, dass die Website oder App ohne Einschaltung der Strafverfolgungsbehörden vermutlich keine Kontoinformationen an dich weitergeben wird. Sollte sich die Situation so weit zuspitzen, dass die Sicherheit von Personen bedroht ist, ist es daher möglicherweise erforderlich, die Polizei einzuschalten. Wenn dir deine örtliche Polizeidienststelle nicht weiterhelfen kann, wende dich an die Strafverfolgungsbehörden auf Bezirks- oder Landesebene. Diese verfügen oft über mehr Ressourcen und Fachwissen in Bezug auf Internetstraftaten.

Verhaltenstipps, falls dein*e Teenager*in im Internet gemobbt wird:

  • Finde heraus, was genau passiert ist, und mach dir ein Bild von den Zusammenhängen
  • Achte auf die Sicherheit deines Kindes
  • Sammle Beweise und wende dich bei Bedarf an die Schule oder die Polizei
  • Melde missbräuchliche Inhalte und blockiere den*die Täter*in auf der Plattform

Solltest du die Eltern des*der Jugendlichen kontaktieren, der*die das Cyber-Mobbing betreibt?

Ein solches Vorhaben kann ziemlich heikel sein. In der Theorie ist das ein durchaus vernünftiger Ansatz und in den Augen vieler Eltern auch eine wirksame Vorgehensweise. Jedoch wird dein*e Teenager*in von der Idee wahrscheinlich wenig begeistert, wenn nicht sogar abgeschreckt sein. Oft sind Jugendliche davon überzeugt, dass die Konfrontation mit den Eltern des*der Mobbenden die Situation nur noch verschlimmern würde. Und das kann tatsächlich passieren, wenn das Gespräch nicht mit der nötigen Behutsamkeit geführt wird. Leider reagieren manche Eltern, die mit dem Vorwurf konfrontiert werden, dass ihr*e Teenager*in im Internet andere mobbt, abwehrend oder abweisend und sind dementsprechend für deine Schilderung der Geschehnisse nicht besonders empfänglich. Ihr Ton könnte immer rauer und ihr Verhalten immer streitlustiger werden. Solltest du als Elternteil ein solches Gespräch dennoch in Betracht ziehen, wäge zunächst sorgfältig ab, ob du die Eltern des*der Täter*in gut genug kennst, um ihre Reaktion abschätzen zu können.

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