Kamingespräch mit zwei Expertinnen für Jugendfragen: Nicole Lopez von Meta und Dr. Hina Talib

Zum besseren Verständnis wurde die Unterhaltung bearbeitet und gekürzt.

NICOLE:

Ich freue mich sehr, heute mit Frau Dr. Hina Talib zu sprechen: Sie ist Spezialistin für Kinder- und Jugendmedizin, Autorin, Mutter und Creatorin für unsere Serie „Screen Smart“. Eine persönliche Bemerkung: Als Mutter eines Kindes in der Vorpubertät greife ich oft auf die Tipps von Frau Dr. Talib zurück, wenn es darum geht, wie und wann ich das Gespräch auf schwierige Themen bringen kann. Ihre Erziehungsratschläge sind pragmatisch und gut durchdacht. Sie ist erreichbar unter @teenhealthdoc auf Instagram und über ihre Website – aber jetzt übergebe ich an sie, damit sie sich selbst vorstellen kann.

DR. TALIB:

Und ich freue mich auch sehr, dass wir beide uns heute über das Thema Jugendliche und die sozialen Medien unterhalten können, denn ich weiß, dass Sie bei Meta eine wichtige Rolle spielen, was die Sicherheit von Jugendlichen anbelangt! Ich bin, wie Sie sagten, Spezialistin für Jugendmedizin, und zwar am Atria, einer Einrichtung für die Primär- und Präventivversorgung in NYC. Außerdem bin ich Sprecherin der Organisation American Academy of Pediatrics (AAP) sowie Mitglied des AAP-Ausschusses für Kommunikation und Medien (Council on Communications and Media). Viele Menschen haben noch nie von meinem Spezialgebiet der Pädiatrie gehört, der Jugendmedizin. Die Sorge für Teenager*innen und ihre Familien ist meine große Leidenschaft. Im Rahmen meiner Ausbildung zur Fachärztin konnte ich mir zusätzliche Kenntnisse in Bereichen wie psychische Gesundheit, Gynäkologie, Dermatologie, Sportmedizin und digitales Wohlbefinden aneignen. Auf dieser Basis kann ich dazu beitragen, den Bedürfnissen von Jugendlichen heutzutage gerecht zu werden.

NICOLE:

Was würden Sie Eltern raten, die nicht wissen, wie sie mit ihrem*ihrer Teenager*in das Thema Social Media oder Bildschirmzeit ansprechen sollen? Wie können diese Eltern offene, positive Gespräche in ihrer Familie anregen?

DR. TALIB:

Meiner Erfahrung nach führen hier echtes Interesse und Aufgeschlossenheit am ehesten zum Erfolg. Hier drei Tipps, wie Eltern in dieses wichtige Thema einsteigen können. Erstens: Zeigen Sie Interesse und bitten Sie Ihr Kind, Ihnen zu erzählen, wie es über den Tag hinweg Technologien nutzt: welche Apps oder Plattformen es benutzt, wem es im Internet gerne folgt und warum und welche Spiele ihm am besten gefallen. Bonuspunkte gibt es, wenn Sie Zeit mit Ihrem Kind verbringen, sich zusammen seine Konten anschauen und gemeinsam seine Lieblingsspiele spielen. Zweitens: Das Kind sollte eine eigene Einschätzung abgeben. Fragen Sie: „Wie zufrieden bist du mit deiner Nutzung der sozialen Medien bzw. deiner Handynutzung?“ Genau das tue ich, wenn Teenager*innen zu mir in die Praxis kommen. Ich frage sie, welche Aspekte der Mediennutzung ihnen ein positives Gefühl von Verbundenheit und Produktivität geben und welche eher nicht.

Drittens: Fragen Sie ihr Kind nach seinen Freunden und Freundinnen und deren Mediennutzung. Lassen Sie sich alles erzählen! Es ist oft leichter, über Freund*innen zu sprechen als über sich selbst. Also gilt auch: Zeigen Sie Ihre eigenen Schwächen und erzählen Sie Ihrem Kind, wie Sie selbst mit den Höhen und Tiefen der sozialen Medien zurechtkommen. Eine kleine List, wie Eltern auf das Thema Social Media zu sprechen kommen können, ist einfach, nicht darüber zu sprechen. Fragen Sie Ihr Kind stattdessen, wie es ihm psychisch geht, reden Sie über die Schule, Sport, Schlaf, Kopfschmerzen oder andere Aspekte seines Lebens – und kommen Sie dann darauf zu sprechen, wie die sozialen Medien dabei Hilfe oder Hindernis sein können. Meta hat in seinem Familienbereich Ressourcen dazu, wie man so ein Gespräch beginnen kann.

NICOLE:

Inwiefern hat Instagram einen positiven Einfluss auf die Teens, die zu Ihnen kommen? Welche Möglichkeiten gibt es für Eltern, mehr Inhalte zu finden, die ihrem*ihrer Teenager*in ein gutes Gefühl geben?

DR. TALIB:

Instagram und andere sozialen Medien können fantastische Plattformen sein, auf denen Teens eine Community finden, sich mit Freunden und Freundinnen vernetzen, neue Fähigkeiten lernen und sich so zeigen können, wie sie sind. Viele Teens erzählen mir, dass sie im Internet „ihre Leute“ finden, besonders wenn sie aus Communitys kommen, die in der Vergangenheit an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden. Teenager*innen, die sich als LGBTQIA+ identifizieren, berichten, dass sie über Social Media Unterstützung, Aufklärung und Ressourcen gefunden haben. Seit einigen Jahren sprechen Jugendliche auch verstärkt über Hilfsmittel für ihre psychische Gesundheit oder Bewältigungsstrategien, die sie online gefunden haben – über Plattformen, Einzelpersonen oder Organisationen, denen sie folgen – und sogar über Tipps für die Gesundheit! Zu guter Letzt sehen Jugendliche die sozialen Medien auch als einen Ort, an dem sie ihre Interessen vertreten und Ideen austauschen können. Und ich bin begeistert von ihrem Optimismus, die Welt so verändern zu können, wie sie es für richtig halten.

Eltern müssen sich darüber informieren, welche Tools die Plattformen anbieten, damit sie dazu beitragen können, dass ihr Kind ein positives Erlebnis hat. Denn natürlich sind nicht alle Erlebnisse positiv. Beispielsweise können Eltern ihre*n Teenager*in bei den Einstellungen für Content-Empfehlungen und Zeitmanagement unterstützen, oder die Elternaufsicht einrichten, wenn das für sie das Richtige ist.

NICOLE:

Die meisten Eltern werden nicht warten, bis mit 13 Jahren das Teenager*innenalter erreicht ist, bevor sie das Thema positive Online-Gewohnheiten ansprechen. Was würden Sie Eltern raten, die ihr Kind auf die Nutzung der sozialen Medien vorbereiten möchten, bevor es selbst den ersten Schritt macht?

DR. TALIB:

Nach meiner Erfahrung gibt es kein bestimmtes Alter, in dem ich einem jungen Menschen automatisch raten würde, Social Media zu nutzen. Aber natürlich hat jede Plattform ihre Nutzungsbedingungen mit einem Mindestalter, und das ist eine gute Richtschnur. Und es gibt auch nicht „die sozialen Medien“ als ein homogenes Gebilde. Sie sind weder eine Entität, noch bestehen sie nur aus Instagram, Facebook und TikTok. Ich betrachte immer den Jugendlichen oder die Jugendliche vor mir, denn es gibt so viele Faktoren, die für die einzelne Person eine Rolle spielen. Und der wichtigste Punkt: Wenn ich gebeten werde, eine Familie zum Thema Einstiegsalter für die sozialen Medien zu beraten, überlege ich mir, wie viel Zeit und Kapazität die Eltern haben, um ihr Kind zu begleiten – oder bitte sie um diese Überlegungen.

Die Eltern jüngerer Kinder sind oft erstaunt, wenn ich ihnen sage, dass für das Senden von Direktnachrichten oder iMessage eigentlich dieselben Überlegungen gelten wie für Social Media. YouTube Kids und Spiele für das iPad oder Tablet, z. B. Minecraft und Roblox, sind ebenfalls soziale Medien. Also müssen das schon Eltern von Kindern im Grundschulalter thematisieren. Das ist zurzeit meine Realität, denn ich habe selbst zwei Kinder in der Grundschule. Außerdem müssen wir früh in diese Themen einsteigen, damit unsere Kinder wissen, dass sie sich an uns wenden können, wenn sie Hilfe benötigen. Und zu guter Letzt müssen wir nicht nur in der Familie darüber sprechen, sondern auch mit den Eltern der anderen Kinder in der Klasse bzw. Jahrgangsstufe, ebenso wie mit den Lehrkräften. Diese Gespräche müssen im gesamten Umfeld stattfinden, in dem die Kinder leben. Diese Aufgabe ist für Eltern besonders schwierig, weil jede Familie ihren eigenen Standpunkt hat, wenn es um die Handynutzung und Social Media geht.

NICOLE:

Ich bin absolut Ihrer Meinung. In unserem Familienbereich gibt es übrigens Ressourcen dazu, wie man mit seinem*seiner Teenager*in über diese Themen sprechen kann. Ein Beispiel ist ein großartiger Artikel über die Selbstwahrnehmung und den Umgang mit Emotionen von der Website ParentZone. Welche konkreten Grundsätze fallen Ihnen ein, wenn Sie mit Teenager*innen über den positiven Umgang mit Social Media sprechen? Oder auch: Wie sollten sie mit ihren Eltern darüber sprechen?

DR. TALIB:

Die folgenden Grundsätze kann ich Teens immer wieder ans Herz legen. Erstens: Formuliere deine Absicht oder sprich laut aus, warum du nach deinem Handy greifst. Vielleicht möchtest du 10 Minuten lang abschalten, oder eine Nachricht an drei Freundinnen schicken oder dir ein Backrezept genauer ansehen. Indem du deine Absicht laut aussprichst, verleihst du ihr Nachdruck. Mach sie dir noch einmal bewusst, wenn du dein Handy wieder weglegst.

Zweitens: Folge deinem Gefühl. Achte darauf, wie du dich fühlst, wenn du soziale Medien nutzt, und welche Gefühle die Menschen, mit denen du interagierst, bei dir hervorrufen. Benenne deine Gefühle: Fühlst du dich angespornt, inspiriert und bestätigt – oder leer, einsam und verletzt?

Drittens: Verhalte dich im Internet so, wie du es auch im echten Leben tun würdest. Das gilt auch dafür, wie du online kommunizierst und Dinge teilst. Sag nichts online, das deine Großeltern nicht hören sollen oder das du nicht in den Nachrichten hören möchtest. Warum? Weil du nie weißt, wo es überall landen wird, wer es sehen wird und in welchem Kontext es auftauchen könnte. Sei nett zu dir selbst und zu anderen – im echten Leben und im Internet.

NICOLE:

Hatten Sie schon einmal ein schwieriges Gespräch mit einem*einer Ihrer Patient*innen über etwas, das online vorgefallen ist? Wie sah das aus?

DR. TALIB:

Gespräche über etwas, das online hätte passieren können, die emotional oder auch schwierig sind, sind der beste Impuls, damit eine Person ihre Gewohnheit ändert, oder sich bei ihrer Online-Nutzung Grenzen setzt. Die besten Ideen, wie dabei vorzugehen ist, kamen in meinen Gesprächen mit Jugendlichen immer von ihnen selbst. Sie kennen sich selbst am besten und haben kreative Ideen, wie man Fehler korrigieren oder sein Nutzungsverhalten ändern kann, um sich an ein Lebens- oder Gesundheitsziel anzunähern.

Es ist für Teens auch viel leichter, über die Online-Herausforderungen zu sprechen, mit denen Gleichaltrige konfrontiert werden, als über eigene Schwierigkeiten. Das kann ein Aufhänger sein – lassen Sie sich alles erzählen. Es ist oft spannend – manchmal bricht es einem auch das Herz – und die Jugendlichen müssen es sich von der Seele reden.

NICOLE:

Hier eine der letzten Fragen aus dem Publikum: „Selbst ich als Erwachsene erlebe sozialen Vergleichsdruck in den sozialen Medien. Wie kann ich meinen Kindern helfen, damit umzugehen?“ Dr. Talib, können Sie dazu etwas sagen?

DR. TALIB:

Vergleich ist der Dieb der Freude, soll Theodore Roosevelt gesagt haben. Sozialer Vergleich kann sich auf das Selbstwertgefühl auswirken. Und Jugendliche sind in dieser Entwicklungsphase verletzlich. Sie nehmen sich Kommentare zu Herzen und sehen sich mehr als in anderen Phasen ihres Lebens im Mittelpunkt. Wie können wir ihnen also helfen? Wir müssen ihr Selbstwertgefühl aufbauen, im echten Leben und online. Ihnen beibringen, sich vor denen zu schützen, die ihnen die Freude nehmen. Und ihnen das Gefühl geben, respektiert und wertgeschätzt zu werden. Letztendlich geht es darum, dass sie das Gefühl haben, wichtig zu sein. Wenn wir ihnen das Gefühl geben, wichtig zu sein, ist das ein starkes Gegenmittel gegen den sozialen Vergleich. Vor Kurzem hat Jennifer Wallace, die Autorin von „Never Enough“, darüber gesprochen: Es kann wirklich viel bewirken. In den kleinen und großen Dingen müssen wir alle unseren Teenager*innen – wie auch allen Teens, mit denen wir interagieren – zeigen, dass sie wichtig sind, Fähigkeiten haben, wertvoll sind und einen Beitrag zu unserer Welt leisten.

Ich fordere Jugendliche auf, mit Inhalten zu interagieren, die ihnen ein positives Gefühl geben. Der „De-friend December“, also im Dezember Social-Media-Freundschaften aufzulösen, hat durchaus seine Daseinsberechtigung und es ist eine gute Idee, Personen nicht mehr zu folgen, die einem nicht gut tun. Ich schlage Jugendlichen auch oft vor, die Likes zu deaktivieren. Oder Personen einzuschränken, die nicht wissen sollen, dass man sie nicht mehr beachtet. Die Hauptsache ist, dass Eltern regelmäßig mit ihren Teens über all das sprechen.

NICOLE:

Wir haben heute viele Themen abgedeckt – welche Hauptpunkte sollten Eltern davon mitnehmen?

DR. TALIB:

Die sozialen Medien sehen für jede und jeden von uns anders aus. Jugendliche haben je nach Alter und Reife unterschiedliche Bedürfnisse. Wir müssen unsere Teens wirklich wahrnehmen und ihnen zuhören. Dann können wir sie besser in ihrem Online-Leben begleiten. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, wie es positive Erfahrungen in den sozialen Medien sammeln kann und welche Stolpersteine es gibt. Zeigen Sie Ihre eigene Verletzlichkeit und denken Sie daran, dass Ihr eigenes Verhältnis zu Social Media auch als Beispiel für Ihre*n Teenager*in dient … Es kann viele Türen öffnen, wenn Sie über dieses Thema offen reden. In vielen Apps wie Instagram gibt es zur Unterstützung Tools für Eltern und durchdachte Standardeinstellungen. Aber ein Gespräch mit Ihrem Kind ist der beste Weg, um ihm positive Erfahrungen mit Social Media zu ermöglichen.

NICOLE:

Vielen herzlichen Dank, Frau Dr. Talib. Wir wissen beide, dass es noch viel zu besprechen gäbe. Die Technologielandschaft ist im ständigen Wandel und wir möchten auch weiterhin Eltern unterstützen, damit Familien die besten Möglichkeiten finden, auf diese Änderungen zu reagieren und einander zu unterstützen.

DR. TALIB:

Vielen Dank, Nicole, auch an Ihr Team, für Ihre Arbeit, mit der Sie kontinuierliche Verbesserungen vornehmen und Ressourcen teilen, mit deren Hilfe wir unseren Teenager*innen helfen können.

Weitere Informationen über die Tools und Ressourcen von Meta und Instagram, die in diesem Gespräch erwähnt wurden, und über viele andere, findest du unten.

Familienbereich

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